Obwohl der NNPC über ein internes Rechtsberatungsteam verfügt, wenden wir uns regelmäßig an die Anwaltskanzlei DOCK Legal Experts. Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, ist es gut, „Robenträger“ dabei zu haben. Wir fragen die Rechtsanwälte Marcel Verhagen und Ton Jumelet nach den neuesten Entwicklungen im Seerecht.
Marcel Verhagen ist schon sein ganzes Berufsleben lang als Anwalt für Seerecht tätig. Im Jahr 2002 wurde er Partner von Ton Jumelet, der seine Karriere bei Dutch P&I begann und dann in den Anwaltsberuf wechselte. Gemeinsam sind sie auf Transportrecht spezialisiert, und zwar sowohl Binnen- und Seeschifffahrtsrecht als auch Offshore-Recht.
Welche Rolle spielen Sie als Anwälte des NNPC?
Marcel: „Das ist eine Doppelfunktion. Wir bearbeiten Fälle für Mitglieder, wenn sie in den Niederlanden auftreten, und wir arbeiten auch für den NNPC selbst, z. B. bei Verträgen und der Überprüfung von Policen.“
Mit welcher Art von Fragen haben Sie es zu tun?
Ton: „Beispielsweise mit Änderungen der Versicherungsbedingungen. Fragen zur Deckung. Zum Beispiel, ob wir diese dann in den richtigen Kontext stellen können.“
Marcel: „Beispielsweise aber auch mit der Ausarbeitung von Verträgen oder der Beratung bei bestimmten Schadensfällen. Viel konkreter können wir das leider nicht sagen; wenn ich jetzt ein Beispiel ohne Namen nennen würde, weiß jeder in unserer kleinen Branche sofort, um welche Parteien es geht.“
Wo liegt Ihre Expertise in der P&I-Branche?
Marcel: „Wir betreiben eine allgemeine Seerechtskanzlei mit Schwerpunkt auf Reedereien. Ton, ich glaube, du bist seit 1990 im Geschäft, richtig?“
Ton: „So ungefähr. Wir bearbeiten alle Streitigkeiten, die beim Transport entstehen können. Früher gab es viele Fälle von Ladungsschäden. Das ist in den letzten Jahren etwas zurückgegangen, vor allem in Rotterdam, wegen des Trends zur „Containerisierung“. Aber denken Sie zum Beispiel an Charterstreitigkeiten, die sich aus der Befrachtung ergeben, an Sanktionsprüfungen, Kollisionsschäden an Schiffen, Personenschäden und Umweltschäden. Alles Angelegenheiten, die durch P&I gedeckt sind.“
Marcel: Unsere Kanzlei konzentriert sich stark auf den Reeder, den Carrier. Wir kümmern uns um alle Probleme, mit denen solche Parteien konfrontiert werden. Und zwar nicht nur im Zivilrecht, sondern auch im Disziplinarrecht und Strafrecht.“
Ton: „Wir vertreten eigentlich nie Ladungsempfänger. Vor allem in den Niederlanden gibt es eine Zweiteilung.“
Können Sie diese Zweiteilung erklären, was ist der Grund dafür?
Ton: „Das ist reine Strategie. Wir arbeiten für Schiffseigner und Befrachtungsunternehmen. Angenommen, wir würden diese Parteien gleichzeitig verklagen, z. B. wegen Ladungsschäden, dann würde das keinem Schifffahrtsversicherer gefallen.
Marcel: Heutzutage gibt es auch Kanzleien, die beide Seiten des Spektrums abdecken, aber wir haben uns bewusst dagegen entschieden.“
Ton: Außerdem macht es uns einfach viel mehr Spaß, für Reedereien und Befrachter zu arbeiten.“
Können Sie uns etwas über die Haftungsrisiken für NNPC-Mitglieder erzählen?
Marcel: „Haben Sie ein paar Stunden Zeit?“
Ton: „Was meiner Meinung nach für die Mitglieder, die diesen Artikel lesen, interessant ist, sind die vielen Änderungen der Rechtsvorschriften, die derzeit auftreten. Manchmal handelt es sich um Entwicklungen auf globaler Ebene, manchmal auf europäischer Ebene. Zum Beispiel die Umweltgesetzgebung, wo CO2-Emissionen sehr aktuell sind. Wir beraten derzeit sehr viel in diesem Bereich, denn für viele ist das Neuland mit komplexen Vorschriften.“
Marcel: „Eine weitere wichtige Veränderung ist, dass Transportangelegenheiten früher weitgehend zivilrechtlich, d. h. zwischen zwei gleichberechtigten Parteien, geklärt wurden. Aber heute mischt sich der Staat immer mehr ein, indem er Vorschriften auferlegt. Damit muss man sich als Transportunternehmer mehr und mehr auseinandersetzen.“
Der Staat wird also zu einem immer größeren Akteur?
Ton: „Ja, und wir sehen auch, dass sich die Art und Weise, wie die Dinge gehandhabt werden, verändert. Bei einer gewöhnlichen Kollision zwischen zwei Schiffen hätte man früher höchstens darüber diskutiert, wer in die falsche Richtung gefahren ist und wie hoch der Schaden genau ist. Heutzutage gehört eine strafrechtliche Untersuchung fast schon zum Standard. Und in der Tat sehe ich auch Fälle, in denen das weiterverfolgt wird. Es wird alles viel komplexer.“
Haben Sie als Jurist eine Meinung dazu?
Marcel [scherzhaft]: „Dürfen wir das hinter vorgehaltener Hand sagen?“
Ton: „Ich finde es sehr schwierig, ein Werturteil darüber abzugeben. Nur so viel: Nehmen wir an, es gibt eine Kollision. Schon im Zivilrecht wartet niemand auf so etwas. Man kann aber auch als Kapitän, Steuermann oder Maschinist dafür disziplinarisch belangt werden. Aber wenn etwas versehentlich schief geht, sofort das Strafrecht darauf anzuwenden… Diese Entwicklung hat erhebliche Folgen für die Seeleute, und oft sind dies langwierige Prozesse.“
Marcel: „Die Schifffahrt unterscheidet sich nicht von anderen Branchen. Bei einem Arbeitsunfall in einem Stauereibetrieb oder einer Produktionsfirma kommen auch die Gewerbeaufsicht und möglicherweise die Polizei, um sich ein Bild zu machen. Was mir auffällt, ist, dass es an Bord sehr unterschiedlich ist, wer dann auftaucht. Es gibt Polizeibeamte, die Verständnis für die Lage des Kapitäns haben, die verstehen, dass er vielleicht 12 Stunden lang auf den Beinen war. Wenn man dann noch zu einem Vorfall befragt wird, hat das großen Einfluss. Das wird manchmal vergessen. Zum Glück erlebe ich, dass die Mehrheit der Fälle gut abgewickelt wird.“
Ton: „Was ich unpraktisch finde, ist, dass manche Fälle heutzutage zweigleisig bearbeitet werden. Einerseits disziplinarrechtlich, wo das Verhalten eines Besatzungsmitglieds untersucht wird, und andererseits strafrechtlich. Wegen dieser getrennten Wege kann jemand sogar zweimal bestraft werden.“
Marcel: „Es gibt eine allgemeine Tendenz in der Gesellschaft, dass alles mehr und mehr verrechtlicht wird, dass alles mit Schuld und Strafe behandelt wird.“
Haben Sie konkrete Tipps für NNPC-Mitglieder?
Marcel: „Besser zu früh als zu spät anrufen. Manche Leute zögern, sich an einen Anwalt zu wenden, und werden lieber selbst aktiv. Manchmal bekommen wir einen Fall auf den Tisch, bei dem wir denken: Hätten Sie zwei Tage früher angerufen, hätten wir noch etwas ausrichten können.“
Ton: „Der NNPC selbst hat eine ausgezeichnete Schadensabteilung, die normalerweise die erste Anlaufstelle ist.“
Marcel: Ich habe noch einen Tipp für Kapitäne, wenn Behörden an Bord kommen. Sprechen Sie sich mit dem NNPC ab, bevor Sie mit den Beamten reden. Damit will ich die Behörden nicht behindern, aber manchmal wenden sie eine Art Überfallmethode an und versuchen, einen zum sofortigen Gespräch zu verleiten.“
Ton: „Ein Beispiel: Der Beamte fragt den Betroffenen: „Was glauben Sie denn, was passiert ist?“ Die geäußerten Vermutungen werden zu Protokoll genommen, und dann ist es sehr schwierig, sie zu revidieren. Der Grundtenor ist dann vorgegeben. Besser ist es, etwas zu sagen wie: „Ich weiß es nicht, das müssen die Ermittlungen zeigen“. Es kommt auch vor, dass ein Mitarbeiter der Reederei angerufen wird. Auch hier gilt das Gleiche. Mein Rat ist zu sagen: „Können Sie Ihre Fragen per E-Mail schicken? Dann melden wir uns bei Ihnen zurück.“ “
Marcel: Es genügt eine kurze Rücksprache mit dem NNPC oder mit uns: Was sind eigentlich meine Rechte und Pflichten? Das macht eine Menge aus.“
Eine Frage zum Schluss: Sie suchen nach juristischen Talenten für Ihre Kanzlei in Rotterdam. Was muss ein ehrgeiziger, möglicherweise junger Anwalt mitbringen, um für Sie zu arbeiten?
Marcel: „Wenn Sie ein Berufsanfänger oder erfahrener Rechtsanwalt sind, der einen attraktiven Job in einer – wie wir meinen – jungen Kanzlei sucht, die sich auf Reedereien als P&I-Mandanten konzentriert, dann sind Sie bei uns genau an der richtigen Adresse. Hier können Sie relativ schnell selbständig arbeiten und auch eigene Praxiserfahrung sammeln.“
Ton: „Wichtiger als ein Zeugnis mit lauter Einsen finde ich jemanden, der Affinität zur Schifffahrt hat.“
Marcel: „Man muss es mögen, wenn man nachts um 11 Uhr einen Anruf bekommt, dass man sofort an Bord gehen und ein Problem lösen soll. Oder auch mal eine Nacht durchzuarbeiten. Dem steht gegenüber, dass wir eine kleine Kanzlei sind, wo man ziemlich viel Freiheit hat, wie man die Dinge angeht.“
Interessiert an einem Einstieg bei DOCK Legal Experts?
Dann besuchen Sie ihre Website und schauen Sie sich die Stellenangebote an. Haben Sie eine Rechtsfrage zu Ihrer Schiffsversicherung oder einen Streitfall, z. B. über einen entstandenen Schaden? Dann setzen Sie sich vor allem rechtzeitig mit uns in Verbindung. Beim NNPC können wir Ihnen umgehend und kompetent weiterhelfen.